Fly.

4 Gründe für Do It Yourself

Nein, jetzt folgt keine Anleitung zum Sockenstopfen oder Rundschalnähen. Diese Hipster-Träume werden auch zum neuen Jahr nicht erfüllt. Wo kommen wir denn da hin?

Ich muss zugeben: Bevor ich etwas selber mache, rechne ich erst einmal die Kosten für die Anschaffung der Rohmaterialien plus Arbeitszeit aus. Sollte es dann über dem Ladenpreis liegen, entscheide ich mich in 75 % der Fälle für den Konsum über den Ladentisch. Ob ich dann von DIY-Anhängern böse angeguckt werde? Für diese Ehrlichkeit schon mal nicht, aber häufig rücken sie etwas bedröppelt Folgendes heraus: „Das hätte man doch auch selber machen können. Das wäre nachhaltiger und wertvoller gewesen.“ Etwas soziophob und vielleicht einen Hauch egozentrisch frage ich mich dann manchmal, was wertvoller und nachhaltiger als meine Lebenszeit sein könnte. Nun ja. Zurück zum Thema und der eigentlichen Fragestellung: Warum ist der Hype um DIY eigentlich so groß? Woher kommt das „auf einmal“?

 

Back to the roots – Mach mal selber!

Nun ja, mit „Do it yourself“ [ˌduːɪtjəˈsɛlf] werden vorwiegend Tätigkeiten bezeichnet, die mehr oder weniger berühmte YouTuber ohne Anleitung, Talent oder auch nur den Hauch einer Ahnung durchführen. Vorwiegend zur Weihnachtszeit. Besonders beliebt sind neben Kochkreationen, die ironischerweise immer DIY sind, vor allem handwerkliche Tätigkeiten. Und natürlich betrifft dieses Phänomen nicht nur die armen YouTuber, sondern auch viele Medienallergiker oder auch normale Menschen. Unter den alltagskulturellen Möchtegern-Hipster wird es auch schnell mal als Synonym für Reparieren, Wiederverwenden oder auch Verbessern verwendet. Wozu auch diese Wortvielfalt, wenn man alles als DIY bezeichnen könnte.

diy

Dabei ist die DIY-Bewegung kein neues Phänomen. Ursprünglich umfasste diese Gruppierung alle gegen-kulturelle Strömungen in sich. Damals hatte die Bedeutung allerdings noch nicht wirklich etwas mit Handwerk zu tun, ganz zu schweigen von YouTube oder gar Internet. Damals verband man mit DIY den Glauben an sich selbst und die eigene Kraft als Triebfeder. Verbunden mit dem Bekenntnis zu Selbstermächtigung, Improvisation, Initiativen und Selbstorganisation wurde DIY also als Lebenseinstellung begriffen. Würde also gewissermaßen auch zu den selbstverwirklichenden Generationen passen, oder?

 

DIY = Punk

Das Highlight dieser Zeit war wohl bislang die Punkbewegung der 1970er Jahre. Auch wenn bei den meisten hier wahrscheinlich die Musik oder Mode im Kopf geblieben ist, lag die damalige Betonung eher auf den Lebensstil, Ethik und Subjektformation als DIY.

Damit einhergehend lebte jedoch auch Ablehnung und Misstrauen gegenüber etablierter Autorität oder den Produkten der Industrie sowie den Vorgaben der Massenmedien auf. Heute sehen das die Vertreter der DIY-Bewegung seltsamerweise nicht mehr so genau mit den Massenmedien. Wahrscheinlich, weil das Phänomen zu einer Massenbewegung im Zeitalter der Individualisierung von Massenmedien geworden ist. Passt also wieder. Wie schön.

punk DIY

DIY 2.0

Wie bereits viel zu ausführlich erklärt, ist diese DIY-Kultur ursprünglich subkulturell verortet. Inzwischen steht das Bild des DIYs nicht mehr in direkter Verbindung mit einem Punk, sondern mit einem Hipster – wenn dieser mal nicht der Punk der Neuzeit ist. Wie dem auch sei, das Image hat sich also in der aktuellen Medienkultur stark verändert. „Selber machen“ wird neu bewertet und definiert und so kam es, dass der Begriff DIY seine absolute Hochkonjunktur erlebte. Allerdings in einer anderen Zeit als in den 1950er Jahren mit anderen Bedingungen und gesellschaftlichen Formen. In unserer Gesellschaft wimmelt es nur so von selbstdefinierten Subkulturen. Hier wird das Wohlbefinden vom Großteil mittlerweile wieder klar über den Konsum von Gütern erreicht. Das klassische Bild von DIY, was im krassen Spannungsverhältnis mit der Konsumkultur stand und sich von der Massenkultur stark abgrenzte, könnte in der heutigen Zeit nicht mehr so zustande kommen. Warum also erlebt DIY gerade jetzt wieder einen Hype?

 

4 Gründe für DIY

Es wäre jetzt nur allzu schön, wenn es uns allen um das DIY-Lebensgefühl gehen würde. Die Gründe sind aber viel pragmatischer.

Nachdem ich jetzt genug über DIY hergezogen haben und keine DIY-Demo herbeibeschwören möchte, hier ein paar Gründe, die den Trend in der aktuellen Zeit vielleicht erklären könnten:

 

1. Selbstverwirklichung

Insbesondere für die Generation Y steht hier wohl die Selbstverwirklichung und Individualität im Vordergrund. Ich pauschalisiere mal und behaupte, dass jeder, der etwas selber macht, es anders machen will, als er/sie es kaufen könnte. Die Kenntnisse zum Verwirklichen der eigenen Ideen müssen vorher angeeignet werden. Häufig passiert dies autodidaktisch mit Hilfe von Fachbüchern oder durch stupides Nachmachen eines YouTube-Videos. Im ersteren Fall schafft die Aneignung dieser Kenntnisse bereits eine gewisse Befriedigung, die mit der Kaufbefriedigung zu vergleichen ist. Die Distinktion durch DIY ist hervorragend, denn selbst wenn es schiefgeht, kann man auf der Erfahrungsseite noch immer Pluspunkte sammeln. Herrlich, diese Win-Win-Situationen.

 

2. Das Besondere

Im erstgenannten Punkt haben wir gelesen, dass es im Endergebnis ebenso auch darum geht, sich von den anderen abzuheben. Sei es, um etwas herzustellen, was in dieser Form einfach nicht zu kaufen ist, oder als günstige Alternative zum Kauf. Ebenso kann es ein Ausdruck der Persönlichkeit sein. Egal, ob man handwerklich oder künstlerisch begabt ist. Der gute Wille zählt und die 2.429 Follower auf YouTube oder Facebook erwarten etwas ganz einzigartiges, wenn bei Instagram ein Bild mit #diy versehen ist.

construction-work-carpenter-tools

3. Kosten und Nachhaltigkeit

Argument drei, was auch für DIY sprechen kann, ist einfach die Kohle. Viele Produkte lassen sich günstig herstellen. Aber Obacht, das gilt nicht für alle Produkte. Wer bei der Herstellung auch noch alte und gebrauchte Produkte verwendet, kann sich gleich auch noch einen Nachhaltigkeits-Slogan auf die Kappe schreiben.

 

4. Neue Währung: Zeit

Etwas selbst herzustellen in einer Gesellschaft, in der man es auch für Geld hätte kaufen können, hat für das Selbstwertgefühl einen sehr hohen Stellenwert. Hier wird nämlich nicht mit Geld bezahlt, sondern mit Zeit. Und das ist auch schon Grund 4 und greift damit auch gleich meinen Gedanken von der Einleitung auf. Was ist denn nachhaltiger und wertvoller als meine Zeit? Und wer kann schon noch behaupten, die Zeit zu haben, alle Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke im DIY-Stil anzufertigen? Geht es hier noch um den anzufertigenden Gegenstand oder doch eher um die Zeit, die man dafür „geopfert“ hat. Anleitung studieren und tausend Videos bei YT gucken inklusive.

DIY desktop

Und nun?

Der Begriff ist inzwischen gar nicht mehr aus unserem alltäglichen Sprachgebrauch wegzudenken. Längst gibt es Kategorien und unendlich viele Texte und Videos im Netz, die sich dem Thema widmen. Ist euch aufgefallen, dass es inzwischen sogar Zeitschriften gibt, die sich nur mit dem Gebiet DIY befassen? Man könnte fast davon ausgehen, dass sich wieder eine neue Subkultur moderner DIY-Anhänger gegründet hat. Selbst die Baumarktkette Hornbach hat den Wahnsinn erkannt und wirbt seither mit Parolen für junge selbstschaffende Generationen.

Die total hübsche, großartige und unheimlich bodenständige Ingrid Nilsen brachte im Dezember eine Reihe von DIY-Videos im Rahmen von #DIYDecember heraus. Sie hat es sogar geschafft, ein Video über die Wichtigkeit des weiblichen Sexualorgans in diesem Themenfeld unterzubringen. Natürlich mit der Begründung, dass es bei DIY um ein Lebensgefühl geht. Und es ging dabei NICHT um Selbstbefriedigung (don’t worry – ich dachte es auch erst und habe mich beim Titel schon total unter den Schreibtisch lachen müssen). Das Video packe ich Euch hier einfach mal drunter.

 

Falls euch nach dem ganzen Geschwafel nicht völlig die Lust auf DIY vergangen ist, empfehle ich euch noch ein paar tolle DIY Seiten:

  • Interior-Design mal selbst probieren? Gar nicht so schwer, wenn man der Vera von Nicest things glauben darf. Kein Kitsch. Promise!
  • Kostenlose Schnittmuster? Für alle Nähliebhaber empfehle ich Pattydoo. Ina berichtet sogar MIT VIDEOS wie es geht. Anfängertauglich!
  • Bei Eyestyle findet ihr DIY-Anleitung zu allen möglichen Bereichen. Von Beutel- bis Kartengestaltung – hier darf sich das Y-Herz austoben.
  • Honestly … WTF finde ich nicht nur namentlich genial! Hier werden Home-Inspirationen, Reisetipps und Künstlerporträts vorgestellt. Die Ideen sind der Hammer und die Armbänder weltweit bekannt.
  • Auf http://youandiheartdiy.blogspot.de/ stellt die Lisbeth ihre Ideen vor. Saisonal orientiert findest du hier vom Nähen bis zum Kochen und Handwerken alles Mögliche. Dank persönlicher Anleitung via YouTube kann hier eigentlich nichts schiefgehen.

Habt einen guten Start ins neue Jahr!!

 

Falls ihr noch weitere Gründe kennt, dann lasst mir einfach euren Senf da. Ich habe bestimmt irgend etwas übersehen, oder?

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13 Kommentare

  • Reply Kim Januar 3, 2016 at 4:14 pm

    Ich habe letztes Jahr mit dem Häkeln angefangen, einfach weil ich etwas mit meinen eigenen Händen erschaffen wollte und habe gemerkt, wie schön beruhigend es ist 🙂

    • Reply Farina Januar 10, 2016 at 4:02 pm

      Hello Kim,
      also ich kann stricken und finde das auch immer sehr beruhigend. Häkeln kann ich leider noch nicht. ABER es gibt ja Youtube ^^ mal gucken, was da noch geht!

      Vielen Dank für den Senf!

  • Reply Carolin Januar 4, 2016 at 12:28 am

    Sehr schöner Post, ich kann deinen vier Gründen für DIY absolut zustimmen 🙂
    Die DIY December Serie von Ingrid habe ich auch verfolgt und fand sie total klasse <3 Ich schaue ihren Kanal schon seit Jahren und besonders ihre DIY mochte ich immer gerne!

    Liebe Grüße

    http://nilooorac.blogspot.de

    • Reply Farina Januar 10, 2016 at 4:04 pm

      Hey Carolin,
      vielen Dank!! Ich gebe zu, ich bin absoluter Ingrid-Fan. Ihre unglaublich authentische Art, auch unangenehme Dinge anzusprechen, fasziniert mich! Großartige Frau!
      Liebe Grüße..

  • Reply Kerstin Januar 4, 2016 at 1:29 pm

    Oh wow wie cool – ich kannte diese ganzen Hintergrundfakten über DIY gar nicht. Total interessant! Ich liebe es selbst Dinge zu machen, zum Beispiel haben wir letztes Jahr selbst einen Couchtisch aus Euro-Paletten gebaut und der gefällt mir wirklich super gut :)) Sowas kann so entspannend und wertvoll sein 🙂

    Love, Kerstin
    http://www.missgetaway.com/

    • Reply Farina Januar 10, 2016 at 4:06 pm

      Oh ich glaube ich kenne diesen Paletten-Tisch sogar. Ist es der, den man überall auf diesen DIY-Foren findet? Ich denke auch, dass das (ent)spannend sein kann 🙂 VIEL FREUDE! Kannst ja mal einen Artikel darüber schreiben, wenn er fertig ist und hier deinen Link lassen. Würde mich echt interessieren, ob alles klappt und was du für dich mitnimmst.
      Liebe Grüße!

  • Reply analogMensch Januar 5, 2016 at 1:14 am

    Meine Gedanken bei Do It Yourself gehen eventuell in die gleiche Richtung, eventuell aber auch nicht! So genau kann ich dir das noch nicht sagen…

    Warum DIY? Nehmen wir als Beispiel mal meine Umhängetasche!

    Ich gehe in den Laden, suche nach einer großen Umhängetasche, da muss viel rein! Sehr viel, denn ich schleppe unmöglichstes Zeug mit mir herum!
    Das Tablet sollte auf jeden Fall einen guten Platz haben, denn so etwas nutzt man heutzutage ja auch. Also halte ich Ausschau, finde Taschen in die mein Tablet passt. Aber verdammt, wo sollen meine Kopfhörer da rein? Die fast schon antiken Dinger sind groß und klobig, warum ist da also bitte nicht irgendwas an der Seite, wo sie noch Platz finden? Und wo bitte tue ich erst mein Notizbuch hin?
    Nach mehreren Stunden komme ich genervt aus dem x-ten Laden, habe immer noch keine Tasche und schimpfe vor mich hin „Gibt ja wieder nur Scheiß zu kaufen!“
    Ich spare mir den Frust, kaufe mir Material, mache einen Plan und setze mich an die Nähmaschine. Einfach weil ich’s kann! Und eine Woche später bin ich fertig, die Tasche mit den perfekt dimensionierten Fächern für all meine Dinge und Eventualitäten!
    Ich bin stolz wie Oskar, freue mir ’nen Baum weil alles so gut passt, und kann sagen „Guck ma, hab ich jemacht!“

    Kosten/Nutzung-Rechnung oder den Vergleich mit Kaufprodukten darf ich nicht anstellen, wenn ich danach gehe käme bei der ganzen Arbeitszeit und den Materialeinsatz etwas vierstelliges raus.
    Aber darum geht es auch nicht, denn meine eigene Zeit muss ich mir nicht bezahlen. Und außerdem konnte ich wieder meine Leidenschaft ausleben, Dinge handwerklich selbst zu machen.

    Die Tasche ist nur ein Beispiel aus meinem Leben! Alles was ich selbst nähen, löten, schrauben, sägen, kleben und hämmern kann, das mache ich auch! Wie schon gesagt, weil ich’s kann!
    Und wenn ich mal was nicht so richtig beherrsche, dann hole ich mir Rat bei Freunden! Mach die Sache auch gerne mit denen zusammen fertig!

    So kann man die eigenen Ideen nach und nach physische Realität werden lassen!

    • Reply Farina Januar 10, 2016 at 4:11 pm

      Ich musste herzhaft lachen, als ich deinen Senf gelesen habe! Same problem over here! Kannst du mir deine Tasche mal zeigen, ich suche auch schon seit Ewigkeiten eine. Ich hatte noch nicht den Mut, selber eine zu entwerfen. Bislang habe ich mir das nicht zugetraut. Hast du da ne Internetseite als Tipp? Oder hast du es ganz frei gemacht? Liebe Grüße!

  • Reply LIYAH Januar 6, 2016 at 5:43 pm

    Oh ja so daily vlogs finde ich ja auch total super interessant! Da muss ich gleich mal bei Fun for Louis vorbeischauen. Grace Helbig kenne ich auch, die fande ich vor längerer Zeit mal gut, mittlerweile aber nicht mehr so 🙁

    xoxo, L.
    ————–
    LiyahGoesHollywood.blogspot.com

  • Reply Andrea Januar 6, 2016 at 11:36 pm

    Ich schau mir total gerne DIY Sachen an, nur bin ich da leider nicht so begabt!

    • Reply Farina Januar 10, 2016 at 4:08 pm

      Hey Andrea, dann schaust du sie dir einfach nur an und machst sie nicht nach? Mit Kaffee und Keksen mache ich so etwas manchmal auch ^^
      Liebe Grüße!

  • Reply bknicole Januar 9, 2016 at 5:34 pm

    Also ich kann ja mit dem Diy Trend zu gar nichts anfangen, liegt wohl daran das ich beim Basteln echt zwei linke Hände habe und nun auch nicht die größte Küchenfee bin. Somit bin ich vollkommen talentfrei und erspare mir die Qualen und laufe einfach zum nächsten Geschäft.Trotzdem ein sehr interessanter Beitrag, da ich über die Hintergründe bisher auch nichts wusse.

    Deinen Blog mag ich übrigens sehr, hast einen Follower mehr 🙂

    • Reply Farina Januar 10, 2016 at 4:09 pm

      Vielen Dank, Bknicole. Ich wünsche dir noch einen super-entspannten Sonntag!

    Senf dazugeben

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